Dienstag, 10. Mai 2016

Moskitero für Hängematten/Chinchorros - selbst genäht

Aktualisierung: 09.05.2016

Auf dem Weg nach Maracay konnte ich auf der Straße im Juli 2013 sehr günstig eine neue "Chinchorro" erwerben. Meine alte Hängematte aus Kolumbien ist doch etwas kurz und zur Zeit in Deutschland. Um in einer Hängematte oder Chinchorro bequem und ganz gerade liegen zu können, legt man sich schräg oder quer hinein! Dazu muss das gute Stück aber auch groß genug sein.
Meine Chinchorro ist insgesamt 3,70m lang und 4m quer (gemessen an der mittleren Naht). Die Liegefläche ist dementsprechend breit und bequem.

Die Herausforderung ist nun ein Moskitero (Mückennetz) für die Chinchorro und die Hängematte selbst herzustellen.
Man kann verschiedene Modelle kaufen, aber mir ist in der letzten Zeit aufgefallen, dass das verwendete Material kleine "Jejenes" (Phlebotomus papatasi) durchlässt. In Maracay bekommt man den Stoff für Moskiteros in verschiedenen Farben in einer sehr guten Qualität in einem großen Stoffladen. Keinen normalen Tüll kaufen, die Löcher lassen alles mögliche durch. So was kann man nur als Dekoration gebrauchen.
Für Hängematten gibt es verschiedene Modelle zu kaufen:
  • das Moskitonetz ist direkt mit der Hängematte vernäht. Das finde ich unpraktisch, ich möchte nur ein Netz abwechselnd für die Hängematte und die Chinchorro verwenden.
  • das Moskitonetz besitzt einen Boden aus dicker Plastikfolie, so dass man innerhalb des Netzes auch aufstehen kann. Das ist mir zu kompliziert und zu schwer. Vorsicht, es gibt Netze, die sind unten offen. Das funktioniert aber nur bei festem Boden. Eine Nacht im Delta Amacuro und einer meiner Oberschenkel war übersäht von Stichen da die Insekten von unten durch die Zwischenräume der Bodenbeplankung aus Holz (Stelzbau im Wasser; Palafito) in das Netz gelangen konnten.
  • das Moskitonetz ist schlauchförmig und wird über die Hängematte gezogen. Das Netz berührt den Boden nicht (würde sonst schnell zerreißen oder löchrig werden) Wichtig ist das genug Volumen vorhanden ist, damit man sich auch schräg und quer hineinlegen kann. Es gibt ein Modell mit Reißverschluss (quer oder längs verarbeitet) und ein Modell welches eine sehr große Endöffnung besitzt, so dass man das Netz über die Hängematte zu einer Seite hin abstreift. Gleichzeitig muss das Netz so gestaltet sein, dass es möglichst keinen Kontakt zur Hängematte oder dem Körper hat, sonst setzt sich das Insekt von außen auf das Netz und kann durch das Netz stechen. Hilfreich können zwei Stöcke sein, die das Netz quer spreizen.
Im Internet findet man keine wirkliche Anleitung oder ein Schnittmuster. Ich versuche hiermit also selbst eine Anleitung vorzustellen.

 

Material (sehr kleine Netzöffnungen)

 
 
Schnittmuster (rot die dünne Leine)

Der Stoff wird in 3,70 m Breite angeboten (in Venezuela). Ich habe zur Sicherheit 5 m gekauft um auch die seitlichen Stulpen noch zuschneiden zu können. Die angebotene Breite von 3,70 habe ich so breit gelassen und nur durch die Stulpen weiter verbreitert.
Schema der seitlichen Stulpe

Dazu habe ich noch eine dünne Leine von 5 m gekauft, die quer über die Chinchorro gespannt wird und den Stoff oben senkrecht hält.
Stulpe mit Randverstärkung und Leine

Für die Nähte habe ich beide dünnen Netze zweimal umeinander gefaltet im Zickzack-Stich genäht. Zickzack deshalb, damit die Naht auch noch eine gewisse Elastizität aufweist und nicht gleich bei geringstem Zug Löcher einreißen.
Wer schon einmal Organza genäht hat, dem sei gesagt, ganz so schlimm ist es nicht, aber trotzdem sind die Stoffmengen schwer zu bewältigen. Geholfen hat, dass ich zunächst die Leine an beiden Enden der Chinchorro befestigt habe und darüber die Stoffbahnen gelegt habe. Mit Wäscheklammern habe ich den Stoff so an der Leine befestigt, so dass er sich nicht von allein in der Mitte zusammenschiebt. Dann zutzelt man sich beide Seiten so zurecht, dass sie gleichmäßig übereinander liegen und klemmt mit weiteren Wäscheklammern Ecken auf Ecken. So habe ich auch die Ansätze für die Stulpen markiert.
Beim Nähen muss man darauf achten, dass sich nicht die Stoffmassen unter die zu nähende Naht schieben.
Zunächst habe ich an die Stulpen einen Stoff zur Verstärkung der Stoßkante (das runde Ende) genäht, dann die Stulpe unten geschlossen. Nach innen gefaltet habe ich sie an die obere Kante der breiten Stoffbahn angesetzt und zugenäht, dann die Seite geschlossen. Genauso die andere Seite.


nach innen gefaltete Stulpe


Da ich häufig im Orinoco-Delta bin, habe ich einen ganz langen Reißverschluss an die untere Öffnung genäht. Denn auf den Stelzbauten dort sind die Fußböden aus Planken gebaut, die den Mücken genug Platz zwischen den Brettern lassen um von unten an das Opfer zu kommen. Bei meinem ersten Aufenthalt im Delta vor 10 Jahren hatte ich am nächsten Morgen den gesamten Oberschenkel breitflächig gestochen. Die Moskitos stachen dabei auch durch die Kleidung.
Die seitlichen Stulpen werden mit den Enden der Seile der Chinchorro dicht umwickelt und so geschlossen.
Das fertige Stück ist sehr leicht. Damit es beim Packen nicht irgendwo hängen bleibt und Löcher bekommt habe ich einen kleinen Beutel genäht in der ich das Moskitero transportieren kann. Eine dünne Plastiktüte tut es aber auch.

Und ich habe vergessen ein Foto von
dem neuen Moskitero zu machen. Hier ein
vergleichbares Modell.


Viel einfacher ist es ein Moskitero für ein Bett herzustellen. An einen Himmel mit dem Maßen des Bettes näht man vier Seiten und schließt diese an den Seiten. An den oberen Ecken werden die Strippen befestigt.

Die Maße entsprechen der Größe des Bettes. Unten bleibt das Moskitero offen. Die Enden werden unter die Matratze geschoben.

Schema eines Mosquiteros für Betten

Bettenmoskitero perfekt eingerichtet.

Noch ein wichtiger Hinweis von meiner Freundin: Da die meisten Hängematten oder Chinchorros draußen aufgehängt werden, muss man, bevor man sich hineinlegt einmal die Liegefläche öffnen und alle vorhandenen Lebewesen herausschütteln. Sonst kann es böse Überraschungen geben (Skorpione, Schlangen, Taranteln...).

Beim letzten Mal im Delta saß diese große Spinne außen auf dem Moskitero. Der Warao Eugenio warnte uns, das diese Spinne sehr schmerzhaft beißen würde und giftig wäre. Es scheint sich um eine Art der Gattung Phoneutria(2) zu handeln (In die engere Wahl kommen Phoneutria nigriventris1,(3)  oder Phoneutria reidyi(1)) und die ist wirklich sehr giftig. Wir haben sie mit einem Stöckchen von dem Moskitero geschubst und danach weiter bis zum Rand des Stelzbaus zum Boden hin geschnickt und gut wars.

Spinne im Delta des Orinoco (ca. 9cm lang) wohl Phoneutria sp..
Auf der Suche nach Schnittmustern bin ich auf eine seltsame Konstruktion für das kolumbianische Militär gestoßen. Es scheint sich um ein Modell für Personen im Stehen oder Gehen zu handeln (Anleitung als pdf siehe hier). Benötigt werden hier auch Gummireifen. Ich möchte mir aber nicht vorstellen, wie man mit dieser Konstruktion durch den Urwald laufen will.


Referenzen:
1Machado-Allison A. & Rodríguez-Acosta (2005): Animales Venenosas y Ponzoñosas de Venezuela, Universidad Central de Venezuela, 2 nda. Edition, Colección Monografías 83, ISBN 980-00-2234-1, 122pp (S. 60) [es]

Web:
http://arachnoboards.com/threads/genus-phoneutria-basics-about-captive-care-and-a-brief-look-into-the-different-species.83797/ (1) Fotos Phoneutria reidyi [en]
https://de.wikipedia.org/wiki/Phoneutria (2) [de]
http://www.minaxtarantulas.se/articles/brazilian-wandering-spider-phoneutria-nigriventer-keyserling-1891-in-terrarium/ (3) [en]

1 Kommentar:

  1. hallo tina,

    Ok..., bei solchen Spinnen würde ich auch nur mit einem Moskitonetz schlafen wollen :D
    Wenn ich selber nicht handwerklich so unbegabt wäre, würde ich das glatt nachbasteln ;)
    Zu meinem Glück kann ma ja wie du geschrieben hast Hängematten mit Netzen kaufen.
    Ich hab mir vor einem Monat dieses Modell hier bestellt
    und bin eigentlich sehr zufrieden damit.

    Sehr interessanter Beitrag, nur weiter so :)

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